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2025-04-25T03:11:00Z

„Das wirkliche Erdbeben wird größer sein“: Geologe warnte Istanbul schon vor Wochen vor einem Mega-Beben
Von: Tanja Banner
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Seit 250 Jahren gab es an der nordanatolischen Verwerfung bei Istanbul kein starkes Erdbeben. Fachleute erwarten daher ein Beben der Magnitude 7,4.
Istanbul – Die Metropole Istanbul liegt malerisch am Bosporus. Doch was niemand sieht: Eigentlich befindet sie sich auf einem Pulverfass, der nordanatolischen Verwerfung. Sie trennt die eurasische und die anatolische tektonische Platte auf einer Länge von mehr als 1000 Kilometern voneinander und erstreckt sich von Ostanatolien entlang der türkischen Schwarzmeerküste und durch das Marmarameer bis in die Nordägäis.
Doch der Bereich südlich von Istanbul ist laut GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung der einzige Bereich der gesamten Plattengrenze, in dem es seit mehr als 250 Jahren kein Starkbeben mehr gegeben hat. Fachleute erwarten dort ein Erdbeben einer Magnitude bis 7,4.
Erdbeben in Istanbul: „Energie für ein Erdbeben der Magnitude bis zu 7,4 gespeichert“
Am Mittwoch (23. April) erschütterte ein Erdbeben der Magnitude 6,2 die Region, nur wenige Minuten später folgte ein Beben der Stärke 5,3. Der Schock in Istanbul war groß, doch die Auswirkungen der Erdbeben waren relativ gering – wäre da nicht die ständige Sorge, dass ein noch größeres Erdbeben bevorstehen könnte. Auch die aktuellen Beben haben daran nichts geändert, beziehungsweise je nach Szenario die Wahrscheinlichkeit für das große Beben erhöht.
„Bereits im Jahr 2019 hatte sich am 26. September an ähnlicher Stelle im zentralen Marmarameer ein ähnlich starkes Beben von 5,7 ereignet. Das 6,2er-Beben erweitert die damalige Bruchzone, und zwar auch in Richtung Istanbul. Insgesamt ist auf dieser Verwerfung Energie für ein Erdbeben der Magnitude bis zu 7,4 gespeichert“, erklärt Marco Bohnhoff vom GFZ. „Wir beobachten die Vorgänge sehr genau“, betont der Experte.
Er skizziert zwei Szenarien: „Entweder ist die unmittelbare Region nun vorerst entspannt und die Seismizität klingt langsam ab, oder die durch das Beben erzeugten Spannungsumlagerungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit für ein größeres Beben in der Region.“
Fachleute erwarten in Istanbul ein schweres Erdbeben – „Die Frage ist nicht ob, sondern wann“
Vor einigen Wochen erklärte der Erdbebenexperte Naci Görür gegenüber der dpa: „Die Frage ist nicht ob, sondern wann es passieren wird.“ Gemeint war damit ein schweres Erdbeben in Istanbul. Görür ist überzeugt, dabei würden „Hunderttausende umkommen“.
Nach dem Erdbeben vom 23. April schreibt er auf der Plattform X: „An der Kumburgaz-Verwerfung im Marmarameer gibt es in Istanbul viele Erdbeben. Sie sind von unterschiedlicher Stärke. Es sind nicht die großen Erdbeben, die wir in Marmara erwarten. Sie erhöhen die Spannung, die sich an dieser Verwerfung angesammelt hat. Dadurch wird ein Bruch erzwungen. Das wirkliche Erdbeben hier wird größer sein und über 7 liegen.“
Nach dem Erdbeben bei Istanbul am 23. April 2025 verbringen viele Menschen die Nacht lieber im Freien – aus Angst vor weiteren Erdbeben. In der Region erwarten Fachleute ein Erdbeben bis zur Stärke 7,4. © IMAGO/Pavel Nemecek
Obwohl seit Jahrzehnten vor einem großen Erdbeben in Istanbul gewarnt wird, ist die Metropole am Bosporus nicht erdbebensicher. Nach der Erdbebenkatastrophe im Südosten des Landes 2023 wurden zwar Programme zur Erneuerung gefährdeter Gebiete vorangetrieben, doch noch immer gelten mehr als eine Million Gebäude als nicht sicher. Istanbul ist das am dichtesten besiedelte Gebiet der Türkei, ein Problem ist die schlechte Bausubstanz.
Istanbul ist nicht erdbebensicher – „Stadt auf ein Erdbeben vorbereiten“
Das bemängelt auch Görür. Er schreibt auf X weiter: „Die Regierung, die Stadtverwaltung und die Bevölkerung sollten Hand in Hand arbeiten, um die Stadt auf ein Erdbeben vorzubereiten. Die Umgestaltung der Stadt, der Bau von Gebäuden, ist keine Vorbereitung der Stadt auf ein Erdbeben. Eine erdbebensichere Stadt ist eine andere Sache.“ Erst kürzlich hat ein Forschungsteam herausgefunden, dass Verwerfungszonen wohl breiter sind als gedacht – damit könnte ein größeres Erdbebenrisiko einhergehen. (tab)
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